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Am 20. Juni 2003 wurden von der ARD die neuesten Umfrageergebnisse von Infratest-dimap zur Sonntagsfrage publik gemacht. Aus Kosten- und Zeitgründen kann nur ein winziger Bruchteil aller 60 Millionen Wahlberechtigten befragt werden. Infratest-dimap hat diesmal 1000 Wahlberechtigten im Zeitraum vom 17. bis 18. Juni befragt, deren Telefonnummern ausgelost wurden. Das Umfrageergebnis lautete

Union 48%, SPD 30%, Grüne 9%, FDP 6%, PDS 4%

Offensichtlich ist es nicht repräsentativ für alle Wahlberechtigten, denn es hängt davon ab, welche 1000 Wahlberechtigte ausgelost wurden. Verschiedene Auslosungen führen zu verschiedenen Ergebnissen. Für jede Partei gibt es deshalb nicht eine Prozentzahl, sondern ein ganzes Band von möglichen Prozentzahlen. Welche Prozentzahl die richtige ist, läßt sich nicht feststellen. Für die Beurteilung des Informationswertes einer Umfrage ist es daher unerläßlich, diese Bandbreite für jede Partei zu kennen. Die Bandbreiten lassen sich mit Hilfe einer Computersimulation ermitteln. Das Umfrageergebnis lautet dann nicht, wie in der ARD kolportiert, sondern

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
43,4 - 52,6 25,4 - 34,6 6,7 - 11,3 3,7 - 8,3 1,7 - 6,3

(Berechnungsgrundlage: Wahlbeteiligung 80% und die Prognose soll mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% richtig sein. Die weit größeren Fehlerquellen - wie z.B. falsche Angaben, Antwortverweigerung, erfolglose Kontaktversuche usw. - sind dabei nicht berücksichtigt.)

Fazit: Diese Umfrageergebnisse der ARD haben keinen Informationswert. Die Union führt zwar haushoch vor der SPD, aber Rotgrün hat möglicherweise die Nase vorn, weil FDP und PDS an der 5%-Hürde scheitern können.

Die ARD erweckt den Eindruck, die präsentierten Zahlen seien exakt. Von Fehlern (Lotterieschäden) ist in der ARD nie die Rede. Hingegen wird auf der Internetseite von Infratest-dimap eine "Fehlertoleranz" von 3,1 Prozentpunkten für die großen und 1,4 Prozentpunkten für die kleinen Parteien eingestanden. Nach Adam Riese lautet das Umfrageergebnis also nicht wie in der ARD verkündet, sondern

CDU/CSU SPD Bündnis90/Grüne FDP PDS
44,9 - 51,1 26,9 - 33,1 7,6 - 10,4 4,6 - 7,4 2,6 - 5,4

Infratest-dimap schweigt sich auf seiner Internetseite darüber aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit diese (viel zu kleinen) Fehlertoleranzen eingehalten werden. Der unten angeführten Tabelle kann man entnehmen, daß diese etwa 64% beträgt. Mit anderen Worten: In jeder dritten Umfrage ist der Fehler für eine große Partei größer als +/- 3,1% oder für eine kleine Partei größer als +/- 1,4% .


Technische Information:

Die in der gelben Tabelle angegeben Fehler, die durch die Zufallsauswahl der befragten Wahlberechtigten verursacht werden, kann man auch als Laie mit Hilfe der Mißerfolgs-Statistik von Umfragen verifizieren. Man gibt in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die vom Bonner dimap-Institut angeführten Parteistärken

CDU/CSU 48, SPD 30, FDP 6, Grüne 9 und PDS 4 Prozent

ein. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro Umfrage" 1000 an - so viele Wahlberechtigte wurden laut Infratest-dimap befragt - und setzt für die Wahlbeteiligung die üblichen 80% ein. Für die Anzahl der Umfragen (Auslosungen) wähle man zunächst 1000 - bei größeren Zahlen kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit "LOS" wird die Simulation gestartet. In der untersten Tabellenzeile der "Mißerfolgsstatistik" kann man das Resultat der Simulation ablesen. Es zeigt sich, daß etwa

4% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 1% für die großen Parteien und +/- 0,5% für die kleinen einhalten

33% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 2% für die großen Parteien und +/- 1% für die kleinen einhalten

71% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 3% für die großen Parteien und +/- 1,5% für die kleinen n einhalten

91% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4% für die großen Parteien und +/- 2% für die kleinen einhalten

Genauere Resultate kann man der untern angeführten Tabelle entnehmen. Man sieht, daß knapp 95% der Umfragen (Auslosungen) die Toleranzen von +/- 4,6% für große Parteien und +/- 2,3% für kleinen einzuhalten vermögen. Aber 5% der Umfragen (Auslosungen) schaffen nicht einmal das. Mit andern Worten, in jeder zwanzigsten Umfrage (Auslosung) übersteigt der Fehler für eine große Partei +/- 4,6% oder für eine kleine Partei +/- 2,3%!


Scherzfrage: Wie viele von 100 Umfragen schaffen es, die von Infratest-dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 48, SPD 30, FDP 6, Grüne 9 und PDS 4 Prozent) zu treffen?

Scherzfrage: Wie viele von 10000 Umfragen schaffen es, die von Infratest-dimap vermarkteten Parteistärken (CDU/CSU 48, SPD 27, FDP 8, Grüne 10 und PDS 4 Prozent) zu treffen?

Maximale Abweichung
eingehalten von
für große Parteien für kleine Parteien (in Prozent von 100000 Umfragen)
1,0% 0,5% 4%
1,2% 0,6% 7%
1,4% 0,7% 11%
1,6% 0,8% 17%
1,8% 0,9% 23%
2,0% 1,0% 31%
2,2% 1,1% 38%
2,4% 1,2% 46%
2,6% 1,3% 54%
2,8% 1,4% 61%
3,1% 1,4% 63,7%
3,0% 1,5% 67%
3,2% 1,6% 73%
3,4% 1,7% 78%
3,6% 1,8% 82%
3,8% 1,9% 86%
4,0% 2,0% 89%
4,2% 2,1% 91%
4,4% 2,2% 93%
4,6% 2,3% 95%
4,8% 2,4% 96%
5,0% 2,5% 97%
5,2% 2,6% 98%
5,4% 2,7% 98,4%
5,6% 2,8% 98,8%
>5,6% >2,8% 1,2%
Grundlage der Simulation: 100000 Wiederholungen, Parteistärken laut Infratest-dimap, ebenso Stichprobenumfang (1000) und Wahlbeteiligung (80%).